fullscreen

Mitgliederbereich

> > > Die Forschungskooperation mit dem CEA-LETI und Soitec - ein leuchtendes Beispiel der deutsch-französischen Zusammenarbeit

Fraunhofer ISE

Die Forschungskooperation mit dem CEA-LETI und Soitec - ein leuchtendes Beispiel der deutsch-französischen Zusammenarbeit

„Wir sollten uns von dem nationalstaatlichen Fokus in Europa etwas lösen und europäischer denken.“

Frank Dimroth, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE)

Deutsch-französisches Büro für erneuerbare Energien (DFBEE): Wie kam die Zusammenarbeit des Fraunhofer ISE mit dem CEA-LETI und Soitec zustande und welches Ziel verfolgten die Projektpartner mit dieser Kooperation?

Dr. Frank Dimroth (FD): Unsere Kontakte zum CEA-LETI reichen bis in die neunziger Jahre zurück. Damals unterhielten wir mit dem CEA-LETI-Institut eine Partnerschaft im Rahmen eines gemeinsamen europäischen Projekts, bei dem das CEA-LETI mit seiner hohen Expertise im Mikroelektronikbereich einen wichtigen Beitrag leistete. Nach Abschluss des Projekts ist der Kontakt etwas eingeschlafen, bis im Jahr 2009 uns die Chance geboten wurde, Kooperationsprojekte zwischen der Fraunhofer-Gesellschaft und den Canot-Instituten aufzulegen. Dabei haben wir erfreulicherweise ein Projekt mit dem Namen Solarbond akquiriert, wo wir das Know-how im Bereich Mikroelektronik des CEA-LETI nutzen konnten, um noch höhereffizientere Solarzellen zu entwickeln.

Die Expertise des Fraunhofer ISE liegt vor allen Dingen auf der Seite der Photovoltaik, also der Herstellung von besonders effizienten Solarzellen, und das CEA-LETI bringt demgegenüber Expertise aus dem Mikroelektronikbereich ein. Unser Interesse lag darin, beides zusammenzuführen, um zu sehen, ob sich daraus neue Chancen für innovative Produkte ergeben. Das Projekt Solarbond ist sehr gut gestartet. So haben wir sehr bald erste Technologien erfolgreich zeigen können, welche schnell das Interesse der französischen Firma Soitec weckten, die so genannte engineered substrates entwickelt. Soitec übernahm dann im Jahr 2009 eine Ausgründung des Fraunhofer ISE im Bereich der Konzentrator-Photovoltaik. All das führte zur Gründung des Konsortiums zwischen den Partnern Fraunhofer ISE, CEA-LETI und Soitec, das versucht, höchsteffiziente Solarzellen zu entwickeln und diese in dem spezifischen Segment der konzentrierenden Photovoltaik auf den Markt zu bringen.

Unsere Zusammenarbeit zielt auf Wirkungsgradsteigerungen, die mit der Senkung flächenproportionaler Kosten einhergehen, wobei darauf zu achten ist, dass mit dem höheren Wirkungsgrad nicht so viel höhere Materialkosten verursacht werden, dass letztendlich die Stromgestehungskosten ansteigen. Neben Wirkungsgradsteigerungen spielt demzufolge die kosteneffiziente Gestaltung der Herstellungsprozesse ebenfalls eine wichtige Rolle. Für Letztere ist vor allem das Know-how der Firma Soitec im Bereich engineered substrates gefragt, die darauf spezialisiert ist, die Menge des benötigten Halbleitermaterials zu minimieren.

Die von uns entwickelten Mehrfachsolarzellen stapeln mehr pn-Übergänge als bisher üblich übereinander. Unsere Innovation liegt dabei in der Überführung von bisherigen Solarzellen mit drei pn-Übergängen in solche mit vier pn-Übergängen, wobei neue Herstellungsverfahren wie das Wafer-Bonden eingesetzt werden.


DFBEE: Welche Erfolge konnten Sie bei diesem Projekt erzielen?

FD: Am Fraunhofer ISE entwickeln wir seit fast 20 Jahren die Technologie der konzentrierenden Photovoltaik, die vor allem in sonnenreichen Gegenden der Erde nachgefragt wird. Wir haben die Technologie erfolgreich auf den Markt gebracht, arbeiten aber nichtsdestotrotz stets weiter an Möglichkeiten der Kostensenkung unter Betrachtung des Gesamtsystems.

Bereits 2011 erhielten die Forscher des Fraunhofer ISE für ihre gemeinsame Forschungsarbeit mit ihren französischen Kollegen des Carnot-Instituts CEA-LETI den Deutsch-Französischen Wirtschaftspreis in der Kategorie Innovation/Neue Technologie, mit dem die deutsch-französische Industrie- und Handelskammer AHK die Erfolge der vergangenen zwei Jahre würdigte.

Mit unseren innovativen Vierfachsolarzellen ist es uns im September 2013 gelungen, einen neuen Weltrekord für die solare Energiekonversion zu erzielen. Wir erreichten erstmals 44,7 % Wirkungsgrad unter 297-fach konzentriertem Sonnenlicht. Damit haben wir gezeigt, dass man durch die Bündelung von Erfahrungen verschiedener Akteure mehr erreichen kann, als wenn jeder Partner für sich arbeiten würde.


DFBEE: Wie stellen Sie sich die zukünftige deutsch-französische Zusammenarbeit des Fraunhofer ISE mit dem CEA-LETI und Soitec vor? Wo sehen Sie Chancen und Hindernisse für die Fortführung dieser Kooperation?

FD: Auch nach Beendigung des Solarbond-Projekts in 2011 bestand die Kooperation des Fraunhofer ISE mit dem CEA-LETI und Soitec zur Herstellung höchsteffizienter Solarzellen bis heute fort, wobei es sich im Moment um eine von der Firma Soitec ausgehende Industriekooperation handelt.

Die Erfolge unserer Forschungsarbeit in den letzten Jahren haben gezeigt, dass innerhalb kurzer Zeit weitere signifikante Wirkungsgradzuwächse möglich sind. Wir stehen im harten internationalen Wettbewerb, der uns alle beflügelt, und möchten uns mit unserem Partner Soitec in naher Zukunft weiter in Richtung unseres längerfristigen Wirkungsgradziels von 50 % bewegen. Dadurch möchten wir - natürlich immer unter der Berücksichtigung der Kosteneffizienz - zeigen, wie weit man diese Technologie bringen kann. Wir rechnen damit, dass Werte von 47 % bis 50 % in absehbarer Zeit realisierbar sein dürften.

Ganz wichtig ist für uns dabei allerdings die Frage, ob wir eine Kontinuität in dieser gemeinsamen Forschung und Entwicklung erreichen können. An Ideen, welche Innovationen wir gerne in die Photovoltaik hineinbringen wollen und wie wir die Entwicklung innovativer Produkte in Europa voranbringen können, mangelt es uns nicht. Das Fraunhofer ISE und CEA-LETI zeichnen sich ja auch besonders dadurch aus, dass wir marktnah mit Industrieunternehmen zusammenarbeiten und versuchen, diesen Firmen einen Wettbewerbsvorteil durch unsere Produkte zu verschaffen.

Daher befassen wir uns intensiv mit der Generierung von Forschungsgeldern, was sich jedoch als relativ schwierig herausstellt, da die beiden Staaten in ihren Förderbedingungen noch sehr nationalstaatlich orientiert sind. So fördert die deutsche Seite primär deutsche Projekte und Frankreich in erster Linie französische. Hinzu kommt, dass für die Förderung auf europäischer Ebene typischerweise mindestens drei Länder an den Forschungsprojekten beteiligt sein müssen. Wir suchen aber nach einer Lösung, wie wir gerade die enge Achse zwischen Deutschland und Frankreich weiter stärken können. Hierfür verfolgen wir die Idee der Einrichtung eines Virtual Labs, in dessen Rahmen das CEA-LETI und das Fraunhofer ISE gemeinsam eine Forschungsgruppe betreiben. Dieses virtuelle Labor benötigt kein neues Gebäude, sondern würde uns ermöglichen, die bestehende Infrastruktur, die mit viel Geld über Jahrzehnte aufgebaut wurde und sich bewährt hat, gemeinsam zu nutzen. Der Vorteil besteht in der sofortigen Verfügbarkeit und der unterschiedlichen Ausrichtung der auf beiden Seiten eingerichteten Labore.

Dieses Vorhaben wird momentan nur aus internen Mitteln des CEA-LETI und des Fraunhofer ISE unterstützt, weswegen wir bemüht sind, öffentliche Zuschüsse zu bekommen. Grundsätzlich hatten sich Deutschland und Frankreich im Rahmen der deutsch-französischen Agenda bereits darauf geeinigt, gemeinsame deutsch-französische Forschungsgruppen zu fördern, sodass wir darauf hoffen, als Pilotprojekt in diesem Bereich mit einer äußerst erfolgreichen Vorgeschichte und einer sehr engen Kooperation mit der Industrie Unterstützung zu finden.

Die Frage der Finanzierung ist natürlich die Schlüsselfrage, von der die erfolgreiche Fortführung dieser Forschungskooperation abhängt. Wir hoffen, dass dies von der deutschen und französischen Regierung erkannt und entsprechend gefördert wird.


DFBEE: Wo würden Sie das Fraunhofer ISE im deutsch-französischen Kontext verorten?

FD: Auf der Suche nach Partnern mit der höchsten Expertise auf unserem Forschungsgebiet sind wir schon vor geraumer Zeit auf unsere französischen Partner gestoßen, mit denen wir seitdem die engste grenzüberschreitende Zusammenarbeit pflegen, denn nicht nur inhaltlich, sondern auch geografisch ist das Fraunhofer ISE seinen französischen Partnern oft näher als anderen deutschen Akteuren in diesem Bereich. Enge Kooperationen bestehen darüber hinaus wegen der Grenznähe auch mit der Schweiz und Österreich.

Eine derart enge Verzahnung, wie wir Sie mit dem CEA-LETI haben, wird beispielsweise bei mehrere Länder umfassenden EU-Projekten in der Regel nicht erreicht. So haben wir uns mit dem CEA-LETI vorgenommen, gemeinsame Strategien zu entwickeln, im Rahmen derer wir zusammen Industriepartner ansprechen und Doktoranden ausbilden, die an beiden Instituten forschen.


DFBEE: Welche Bedeutung messen Sie deutsch-französischen Forschungskooperationen im Allgemeinen zu? Welchen Mehrwert können sie bieten?

FD: Ich bin im Allgemeinen der Auffassung, dass wir uns von dem nationalstaatlichen Fokus in Europa etwas lösen und europäischer denken sollten. Gerade die deutsch-französische Zusammenarbeit im Forschungsbereich könnte hierbei mit gutem Beispiel vorangehen.

Wir sind heute im Photovoltaikbereich einem sehr hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt, da insbesondere asiatische Hersteller Standardsiliziummodule zu sehr günstigen Preisen auf den Markt bringen. Solche Produkte können fast überall auf der Welt mit ähnlichen Wirkungsgraden gefertigt werden. Aus diesem Grund ist es für uns Europäer von besonderer Bedeutung, einen höheren Innovationsgrad in die Produkte zu bringen und damit unseren Firmen ein Unterscheidungsmerkmal zu bieten. In der Photovoltaik ist daher unserer Meinung nach gerade die Effizienz ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal. Neben der konzentrierenden Photovoltaik, die in erster Linie für sonnenreiche Gegenden der Erde gedacht ist, setzen wir auch auf Innovationen und Wirkungsgradsteigerungen bei anderen Konzepten, wie beispielsweise für die gleichzeitige Erzeugung von Wärme und Strom und den Bereich der Flachmodule.
Gerade deutsch-französische Forschungskooperationen verfügen über besonders hohe Innovationspotenziale, da Deutschland und Frankreich mit ihren guten Ausbildungssystemen sowie renommierten Hochschulen und Forschungsinstituten eine hervorragende Infrastruktur und damit beste Voraussetzungen für innovative Forschung bieten. Gerade das Thema Energie hat in Europa einen sehr hohen Stellenwert, weshalb wir auf diesem Gebiet unbedingt leistungsfähige Forschungskooperationen benötigen. Außerdem beherbergen Deutschland und Frankreich als weit entwickelte Industrieländer viele Firmen, die gerade im Bereich der angewandten Forschung von unserer Arbeit sehr stark profitieren und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern können.


Wenn Sie mit Dr. Frank Dimroth, dem Leiter der Abteilung Epitaxie und Solarzellen beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE), Kontakt aufnehmen möchten:

Dr. Frank Dimroth
III-V Epitaxie und Solarzellen
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE)
Heidenhofstraße 2
79110 Freiburg
Tel: +49 761 4588-5258
http://www.ise.fraunhofer.de